nackt bin ich und spüre nur mich
mache langsame bewegungen
berühre mich
auf meine haut tropft wasser
gleitet an mir vorüber
schwimmend bewege ich mich (im kreis)
wecke die weichheit meiner festen haut
manchmal auch meine haare
meine lippen sind gut durchblutet
ich ziehe eine helle decke über meinen kopf, körper – schwitze –
genieße diese besondere stimmung, dieses besondere licht
liebe ich, sind meine züge mild und entspannt
ich ziehe mich an
hülle mich ein, wie ich mag
wie ich mich wohl fühle
wie es zu mir und meiner form passt
an machen stellen weit, an anderen eng
betonend, was ich an mir mag
was sich gerade richtig anfühlt
klebe mir wimpern an, wenn ich das möchte
binde mir die brüste ab, wenn mir danach ist
erlaube mir jeden tag neu mich anders wahrzunehmen
anders zu zeigen, anders zu sein
ich weiß, wie ich aussehe, aussehen könnte
und dass es darum nicht gehen wird
ich bewege mich, bin bewegt
fahre gerne rad – auch nachts
bei nebel, niesel- oder starkregen
fühlt sich mein gesicht frisch an, feine haare wellen sich
durch luftfeuchtigkeit, fahrtwind leicht, umrahmen es
hoch oben am tuch schwebend bin ich stark
drehe mich, und tanze und tanze und tanze
der innere beat verankert mich in meinem körper
ich liebe ihn, feiere seinen rhythmus
seine spannung, das leben
mein körper nimmt sich raum und zeit
ich bin ausgelassen – wach
fühle mich lebendig
dehne mich und das gefühl breitet sich aus
verflüssige es wie creme und verteile es auf meiner haut
fühle mich frei
zufrieden mit mir selbst
ich betrachte meine – für mich – unfassbar schönen kinder
entdecke in ihnen so vieles, was ich war, bin und hätte sein können …
ich weine, rotz läuft aus meiner nase
alles harte fällt von mir ab
ich zeige mich weich und verletzlich
echt und unverstellt
ich bin stolz auf mich
neugierig, fasziniert, lerne
inspiration leuchtet in meinen augen
spinne ein netz aus ideen, die die welt noch nicht kennt
teile es mit menschen, mit denen ich mich zuhause fühle
die meine begeisterung erwidern – kreativ, aktiv
gedanken und gefühle verwandeln wir in mutmachende gespräche
die zeit verfliegt, ohne dass wir sagen könnten, wie oder wohin genau
worte gehen in handlungen auf, die uns verbinden
erhalte aufrichtige komplimente von anderen (flinta*s)
aufgrund meiner person, meiner werte, meines wissens
ohne hintergedanken. einfach, weil sie etwas an mir mögen
im vorbeigehen
sehe ich meine silhouette
in fensterscheiben oder als verspielter schatten
beginne mich in die landschaft einzufügen
zerzaust und unbefangen – hoffnungsvoll
erlebe frühling und sommer meines zyklus
alleine im wald entkomme ich allen bewertungen
zwinker mir zu, lache mich an, schneide lustige grimassen
ich bin die einzige, die mich wahrnimmt
die sonne fällt auf meine wimpern
ich sehe sie, mich, durch meine eigenen augen
ich denke nicht darüber nach …
ich bin, ohne fragen
genieße
erfüllt von etwas, das sich von außen nach innen wendet
wenn ich länger nicht (mehr) in den spiegel schaue oder alt werde …
oder auch einfach mal so
nackt bin ich und spüre nur mich
momente der schönheit [from the inside of beauty], 2023
Dieses Gedicht ist das vorläufige Ergebnis eines kollektiven lyrischen Experiments, das ich Ende
Dezember 2022 startete und in dessen Rahmen ich Frauen* aus meinem Umfeld bat folgende
Frage schriftlich zu beantworten:
„Wann/ In welchen Momenten findest du dich schön?
Natürlich könnt ihr auch einbeziehen, was ihr in diesen Momenten (an euch) schön findet,
im Vordergrund steht aber das wann bzw. wodurch.“
In Anlehnung an die Antworten der 12 teilnehmenden Frauen* entstand der oben stehende
Text. Vielen Dank an alle Frauen* für ihre persönlichen Eindrücke und ihr Vertrauen!
FLINTA* – Frauen, Lesben, Inter-, Non-Binary-, trans- & Agender-Personen